Das Steinhuder Meer - die Entstehung
Der Weiße Berg ist noch 1975 gut als Wanderdüne (offene Binnendüne) erkennbar. Eine Legende besagt, dass es vor langer Zeit noch Riesen auf den Bergen im Grinder Wald gab. Unter Kiefernwurzeln lebten aber auch Zwerge. Sie spielten den Hünen oft einen Schabernack. Dabei geriet einer der Riesen einmal in große Wut und die Zwerge mussten fliehen. Doch kaum hatten sie den Wald hinter sich gelassen, wurden sie auch schon entdeckt. Ärgerlich stampfte der Riese sie mit seinem Stiefelabsatz tief in den Boden. Dadurch entstand ein großes Loch, das sich mit den Tränen der Zwerge füllte – es wurde später Steinhuder Meer genannt. Der Riese hatte auch Sand in den Stiefel bekommen. Er schüttete ihn vor sich aus und so entstand der Weiße Berg.
Ein anderer Riese mit Namen „Goliath“ wollte der Stärkste und Mächtigste sein im ganzen Lande. Eines Tages stand er auf dem „Brunnenberg“ in den Rehburger Bergen und hatte einen großen Stein in der Hand. Als er ihn gerade fortwerfen wollte, stand plötzlich ein kleiner Junge vor ihm mit dem Namen „David“. Er fragte: „Darf ich mit werfen?“ Höhnisch lachte der Riese und dachte: „Na, dich werde ich schon kriegen.“ David suchte schnell einen Stein und es konnte losgehen. Ein Schwung und die Steine flogen durch die Luft. Doch Goliaths Stein flog nur bis zum „Nethelnberg“ (Lüttjen Mardorf), während der von David es bis zur Weißen Düne schaffte. Über diesen misslungenen Wurf war der Riese sehr ärgerlich. Er nahm sein Schwert und schlug den großen Stein mitten durch. So wurde der viel größere Goliathstein das erste Mal geteilt (nach 1900 wurde er durch Sprengungen noch kleiner).
Eine weitere Legende von Anwohnern westlich des Meeres vermutet die Entstehung des Steinhuder Meeres durch einen „Erdfall“, bei dem eine ganze Ortschaft mit Kirche und Glocken versank.
Legenden 1952 aufgeschrieben von Magda Kliemek Mardorf Nr.194.
Tatsächlich lebten vor über 140 Mio. Jahren Riesenechsen („Dinosaurier“) im Gebiet der heutigen Rehburger Berge. Viele Fußspuren sind im Sandstein beim heutigen Münchehagen erhalten geblieben.
Die aktuelle Forschung über die Entstehung des Steinhuder Meeres kommt zu diesen Theorien: Die Mulde mit dem späteren Steinhuder Meer ist schon früh im Perm (vor über 260 Mio. Jahren) entstanden, als sich Kali-Salzstöcke im Untergrund bildeten, die später (wahrscheinlich erst vor einigen Tausend Jahren) tektonisch (oberflächennahe Bewegungsvorgänge) umgelagert und verformt wurden. In 150 – 1.500 m Tiefe zieht sich der „Salzsattel“ südöstlich von Husum und Mardorf, unter dem Steinhuder Meer – östlich vom Wilhelmstein, bis Altenhagen und Bokeloh. Bei Kontakt des Steinsalzes mit Grundwasser kommt es zu "Ablaugungserscheinungen"; dabei wird Salz im Wasser gelöst und abtransportiert. Dies hat zur Folge, dass sich große Hohlräume bilden, die schließlich das darüber anstehende Deckgebirge unterirdisch zum Einsturz („Erdfall“) bringen. Der Einbruch im Salz reicht von nahe der Oberfläche bis 1.000 m Tiefe – in Erdschichten und Gesteinsverwerfungen darunter z. T. in komprimierter Form sogar bis ca. 3.000 m Tiefe. Kalisalz ist deshalb nur südlich (bis Bokeloh – Werk „Siegmundshall“ bis 2018) und nördlich (bis Husum – z. Z. nicht wirtschaftlich) des Meeres bis in eine Tiefe um 1.500 m technisch abbaubar.
Vor 15.000 Jahren wird dieses vorhandene Becken (mit dem Ur-Steinhuder Meer) im „Weser-Aller-Flachland“ zum Ende der Weichsel-Kaltzeit vollkommen mit Flusskies und -sanden (u. a. durch die eiszeitliche „Leine“ aus Thüringen kommend) verfüllt. Darunter verbleiben im Dauerfrostboden (z. T. durch kapillaren Aufstieg) Reste von Eismassen und bilden riesige Eislinsen („Toteisblöcke“). Durch den „Thermokarst“ (wiederholtes Auftauen und Gefrieren von Untergrundeis) kommt es zum Einsinken des Bodens und zur Ansammlung von Wasser.
Nach dem „Kälterückfall“ in der Jüngere Dryas (bis vor 11.700 Jahren) führt die allmähliche Klimaerwärmung zum endgültigen Auftauen des „Permafrostbodens“. Die Oberflächensande sacken in die bestehende Mulde (oder Mulden) nach. Ein großer und mehrere kleine Flachseen (z. B. nördlich von Steinhude/Großenheidorn-Strand) können entstehen. Das Steinhuder Meer ist ein Binnensee. In den ältesten Urkunden lateinisch „mare“ (Meer) genannt. Im 17.Jhd. wird in Norddeutschland das mittelalterliche niederdeutsche Wort „meri“ (für Teich oder See) durch das Hochdeutsche „mari“ (für Meer oder See) abgelöst. Beides steht im Sprachraum von Flandern bis Niedersachsen bis heute für ein Binnengewässer. In den Niederlanden wurde z. B. die „Zuiderzee“ als Teil der offenen Nordsee (das Hochdeutsch eigentlich „Nordmeer“ heißen müsste) durch den Bau des Abschlussdeiches zum „Ysselmeer“. Das Steinhuder Meer hatte die größte Ausdehnung mit einer Fläche von ca. 38 km² und eine Länge zwischen Düsselburg und Ostenmeer von fast 14 km sowie einer Breite zwischen Mardorf und Hagenburg von ca. 6 km.
Die Entwicklung: Vor ca. 14.000 Jahren besteht schon eine allmähliche Verlandung des Ur-Meeres von Westen (Höhe Düsselburg) entlang des Meerbaches im „Nehrenbruch“ nach Osten und südöstlich von Winzlar. Auch eine ehemalige Wasserfläche nördlich von Steinhude (Großenheidorn-Strand) wird ebenfalls zum Niedermoor.
Vor ca. 12.000 Jahren ist die offene Wasserfläche bis westlich vor der heutigen Ortslage Rehburg zurückgegangen. Deren leicht erhöhte Lage (38 m) quer zum Meerbach hat die weitere Verlandung sicher begünstigt, sodass das Meer vor ca. 10.000 Jahren schon östlich vor Rehburg endet. Zurück bleibt Sumpf und „schwimmendes Bruchland“. Auch östlich von Winzlar und nördlich von Hagenburg (Mudde wird zum Moor) weicht das offene Wasser zurück.
Vor ca. 8.000 Jahren verlanden weitere große Wasserflächen am östlichen Meerbach und vor ca. 6.000 Jahren schon bis zur „38-m-Barriere“ (einzelne erhöhte Geländeabschnitte) südlich von „Wester-Mardorf“ und östlich von Winzlar bis Altenhagen. Gleichzeitig verstärkt sich aber auch die Verlagerung der Wasserfläche nach Osten: Nordwestlich vor Steinhude, zwischen den „Noren und Suren Deipen“ und vor dem westlichen Mardorfer Ufer. Große Sandflächen werden bei Sturm nach Nordosten (Weißer Berg) abgetragen.
Vor ca. 2.000 bzw. 1.000 Jahren bildet sich mit der Verlandung nach Osten am Meerbach und im Meerbruch sowie der Verlagerung des Meeres nach Osten bis an die mineralische „Sandbarriere“ vor dem Toten Moor die heute typische „Eiform“ des Steinhuder Meeres heraus. Mit der aktuellen Verlandung am Ostufer (Ostenmeer) hat ein neuer Abschnitt in westlicher Richtung begonnen.
Das Steinhuder Meer in den letzten 15.000 Jahren:
Erklärungen zur Karte:
Rote Schrift zeigt erste Besiedlungen in Mardorf (Wester-Mardorf, Oster-Mardorf), Steinzeitliche und andere historische Örtlichkeiten (am Bannsee, Hespenberg, Düsselburg, Luccaburg Esbeke, Munchhausen).
Rosa Zahlen geben die zeitlichen Phasen der Verlandung von Westen und Verlagerung des Meeres nach Osten wieder.
Der hellblaue Rand zeigt die größte Ausdehnung des historischen Steinhuder Meeres und orientiert sich überwiegend an der 39 m (38,5 bis 40 m) Höhenlinie, der südlichen Geestkante (Schneerener und Mardorfer Stauchmoräne) und Dünengebiete sowie den weiteren Begrenzungen der im Süden liegenden Höhenzüge der Rehburger Berge und der Grundmoräne zwischen Steinhude und Wunstorf. Das Tote Moor (Hochmoor) im Osten liegt im Wesentlichen oberhalb von 40 m. Die Leine-Niederung östlich davon liegt dagegen zwischen 32 und 38 m. Eine Verbindung zur Steinhuder-Meer-Senke hat nur während der Eiszeiten und beim Abschmelzen der Gletscher bestanden.
Dagegen bestand aber noch lange Zeit eine direkte Wasserverbindung in die nordwestlich von Mardorf gelegenen Moore und zum Bannsee. Diese inzwischen überwiegend trocken gefallenen Gebiete flossen von ca. 43,5 m Höhe zum Meer auf 39 m.
Die Meerbach-Niederung (Sumpf und Bruch hellblau gestrichelt), die Geest (Stauchmoränen / Enmoränen) nördlich und die Moore (Nieder- und Hochmoore hellbraun gestrichelt) westlich (Totes Moor – hellbraun) und östlich von Mardorf sowie das Steinhuder Meer bewirken eine deutliche Halbinsellage (fast Insel). Die Gemarkung von Mardorf reicht aber sowohl im Nordwesten (Bieförth, Häfern, Kreuzholz, Buchholz) als auch im Südwesten (Meerbruchwiesen) wesentlich darüber hinaus (gelbe Linie).
Die dunkelgrauen Zahlen sind Höhenangaben in Meter üNN. Die Höhe über NN ist mit m (Meter) angegeben. In blau ist der Höchstwasserstand des Bannsees (43,5 m) und der frühere langjährige Normalwasserstand des Meeres (37,8 m / heute 38 m) angegeben.
Bis auf die späteren Pfade in und um Rehburg (Bohlenwege auf einer „38 m-Erhöhung“) befinden sich alle alten Wegeverbindungen (Trampelpfade) außerhalb von Moor und Meer auf höher gelegenem Gelände.
Der Steinhuder Meerbach (Beeke / Aue) bewältigt auf seinen 21,4 km bis zur Mündung in die Weser in Nienburg einen Höhenunterschied von 16,4 m (bei 0,76 m auf 1 km ergibt das eine sehr langsame Fließgeschwindigkeit).